jörg haider, der superintendent, der hirtenbrief und die kritik daran

11.11.2008, 19:02 von Hans Spiegl

das schöne am evangelisch sein ist ja die fleißig betriebene diskussion – kein papst, keiner der immer recht hat … wir streiten bis wir uns geeinigt haben ;-)

ein kleiner überblick über unseren aktuellen aufreger:

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zuerst eine hirtenbrief

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Hirtenbrief des Kärntner Superintedenten
Evangelische Superintendentur A.B.
Diözese Kärnten/Osttirol Villach, 11.10.2008

Hirtenbrief
anlässlich des Todes von LH Dr. Jörg Haider

Liebe Schwestern und Brüder!

Der schreckliche tödliche Verkehrsunfall von Landeshauptmann Dr. Jörg Haider hat alle tief und sehr schmerzlich getroffen. Jörg Haider war ein charismatischer und leidenschaftlicher Politiker mit Leib und Seele, der wie kein anderer das politische Geschehen der zweiten Republik mitgeprägt und gestaltet hat.

Durch die zahlreichen Begegnungen und Gespräche,
durch gemeinsame Projekte, sowie im respektvollen Umgang auch in gegensätzlichen Haltungen ist eine freundschaftliche Verbundenheit gewachsen, für die ich sehr dankbar bin.

Er hatte für die Anliegen der Evangelischen Kirche in unserem Land immer ein offenes Ohr. Mit Martin Luther verband ihn eine große Sympathie und Bewunderung. Für all seine vielfache Unterstützung, für sein Wohlwollen und für seine Anerkennung, die er beim 70-jährigen Jubiläum der Superintendenz Kärnten/Osttirol zum Ausdruck gebracht hat, möchte ich im Namen unserer Kirche angesichts des Abschieds besonders danken.

Jörg Haider war im persönlichen Umgang ein äußerst zuvorkommender, herzlicher und einfühlsamer Mensch. Er hat immer wieder die Nähe und den Kontakt zu den Menschen gesucht. Er hat oft sehr spontan und unbürokratisch geholfen. Sein Engagement und Einsatz waren nicht unumstritten. Er war trotz seines hohen Amtes nicht abgehoben, sondern ein Mensch zum Anfassen.

Sein Tod bedeutet einen großen Verlust für unser Land.

Unsere aufrichtige Anteilnahme, unser tiefes Mitgefühl gilt besonders seiner lieben Frau seinen Kindern und seiner Mutter, die gestern ihren 90. Geburtstag beging.

Wir bitten Gott um seinen Trost und Beistand in dieser schweren Zeit des Abschieds und der Trauer besonders für die Familie, aber auch für unser Land.

Wir leben in der Hoffnung und Zuversicht Jesu, der uns verheißen hat:
“Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt.”

Manfred Sauer
Superintendent

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dann die kritik daran:

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Evangelische Akademie Wien kritisiert Hirtenbrief des Kärntner Superintendenten zum Haider-Ableben
Wien (epd Ö) – In einem offenen Brief vom 3. November haben der Vorstand und die MitarbeiterInnen der Geschäftsstelle der Evangelischen Akademie Wien den Hirtenbrief des Kärntner Superintendenten Manfred Sauer kritisiert, den dieser anlässlich des Unfalltodes des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider veröffentlicht hatte. Die Evangelische Akademie Wien zeigt sich in dem Brief “bestürzt und empört”, die Worte Sauers erweckten den Eindruck, “als ob Dr. Haider ein engagiertes christliches Leben geführt hätte”. Durch seine Politik in Kärnten, aber auch in ganz Österreich, habe er die Rolle von Minderheiten immer wieder “gröblich missachtet”, hält die evangelische Bildungseinrichtung fest. In seinen Wahlkämpfen habe er auch in Wien immer wieder gezielt Ressentiments und Vorurteile gegen sprachliche, religiöse und ethnische Minderheiten eingesetzt und mit dem Thema “Ausländerfeindlichkeit” Stimmen gewinnen wollen.

Die Evangelische Akademie Wien erinnert an des Engagement ihres langjährigen Leiters, Ulrich Trinks, für die Rechte slowenischer Minderheiten und das entschiedene Eintreten gegen jede Form des Antisemitismus und der Fremdenfeindlichkeit. Seit ihrer Gründung vor 56 Jahren hätten sich die Verantwortlichen immer für die Rechte von Minderheiten in Österreich eingesetzt. Auch viele engagierte evangelische ChristInnen hätten wie etwa beim “Lichtermeer” gegen die Politik Jörg Haiders protestiert.

In dem Hirtenbrief vom 11. Oktober hatte der Kärntner Superintendent seine persönliche Betroffenheit über den Tod des Landeshauptmanns zum Ausdruck gebracht und ihn u.a. als “charismatischen und leidenschaftlichen Politiker, als Mensch zum Anfassen” bezeichnet. Für die Anliegen der Evangelischen Kirche habe Haider “immer ein offenes Ohr” gehabt, mit Luther habe ihn “große Sympathie und Bewunderung verbunden” – was von der Evangelischen Akademie Wien wiederum als “zynisch und empörend” empfunden wird.

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und dann alle superintendenten auf einmal:

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Superintendentenkonferenz: Form des Hirtenbriefs für Ausdruck persönlicher Betroffenheit “nicht angemessen”

Linz (epd Ö) – Die Superintendentenkonferenz hat am Donnerstag, 6. November, in gemeinsamer Sitzung mit dem Kärntner Superintendenten Mag. Manfred Sauer festgestellt, “dass die Form des Hirtenbriefs für den Ausdruck der persönlichen Betroffenheit anlässlich des Todes von Landeshauptmann Dr. Jörg Haider nicht angemessen war”.

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und dann sag ich auch noch was …

Download MP3 (15:56min, 11MB)


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